Juan Gonzalez de Mendozas Historia Chinas

Mehr als nur eine „Geschichte“

Der Name des spanischen Weltentdeckers, Reisenden und Schriftstellers Gonzalez (1545–1618) ist heute der breiten Öffentlichkeit vermutlich ebenso wenig bekannt wie der von Ame­rigo Vespucci. Die beiden eint der Umstand, Bedeutendes zur Erschließung der außereuropäi­schen Welt beigetragen zu haben.

Jedoch stehen sie im Schatten berühmter Kollegen. Im Falle Vespuccis ist das zweifelsohne Christoph Kolumbus. Gonzalez hingegen wird von dem China- und Ostasienreisenden schlechthin überragt – Marco Polo. Doch obgleich Gonzalez von Polos Werk vom Ende des 13. Jahrhunderts überstrahlt wird, hat er nicht minder Wichtiges erreicht.

Doch wer war dieser Mann? Über seine Herkunft ist so gut wie nichts bekannt. 1545 in der spanischen Provinz Toledo gebo­ren, trat er zum ersten Mal im Alter von 17 Jahren in Erscheinung, als er nach Mexico aufbrach, um Soldat im kolonialen Heer zu werden. Seinen Plan änderte er jedoch bald, und so trat er den Augustinern bei.

Während seines Aufenthaltes in Mexico hatte er wohl häufig Kontakt zu Durch­reisenden, die über den Pazifik nach Ostasien weitereisten. Dabei wurde sein Interesse für diese ferne Region wohl so angefacht, dass er die Idee fasste, selbst einmal China zu bereisen, zu beschreiben und vor allem um es zu missionieren. 1571 kehrte er in die Heimat zurück, und es gelang ihm tatsächlich bis 1581 den König von einer Gesandtschafts­reise nach China zu überzeugen.

Die Expedition brach noch im selben Jahr auf und erreichte wiederum Mexico. Doch da war sie auch schon wieder zu Ende. Zwar befürwortete der mexikanische Gouverneur das Vorhaben; sein ebenso anwesender Kollege von den spanischen Philippinen lehnte jedoch entschieden ab.

Damit offenbart sich eine Überraschung. Gonzalez erreichte weder jemals China, noch sprach er die chinesische Sprache. Sein Werk basiert einzig und allein auf Berich­ten voriger Chinareisender wie beispielsweise Galeote Pereira, Martin de Rada und Miguel de Loarca – allesamt Reisende, Händler, Kirchenmänner und Soldaten. Sie waren in den Jahr­zehnten vor Gonzalez in China gewesen, obwohl dort ein Einreiseverbot für Ausländer bestand und brachten so Kunde und Waren aus dem abgeschotteten Land nach Europa.

Aber auch dieser Umstand, den wir heute wohl als „Plagiat“ bezeichnen würden, brachte Gon­zalez keinen Nachteil. Im Gegenteil: Sein Buch, das aus sechs Büchern zu je 24 Kapiteln be­steht, wurde ein Bestseller seiner Zeit und in ein halbes Dutzend europäischer Sprachen über­setzt. Die Beschreibungen reichen von der Geografie des Landes, seiner Geschichte, der Regierung, der Bevölkerung bis hin zu Details im Handwerk und der von Gonzalez kritisierten Religion.

Die Beschreibung Chinas umfasst nur die ersten drei Bücher. Dieser Teil wurde 1992 von Margarete Grießler neu ins Deutsche übersetzt. Gonzalez gelang dank des Erfolges seines Buches eine kirchliche Bilderbuchkarriere, die ihn von Ämtern in Rom bis hin zu mehreren Bischofsposten, unter anderem in Venezuela, führte.

Benjamin Opala