Michael Heberers Chur-Pfältzischer Robinson

Als Galeerensklave durch das Osmanische Reich

Dieses Buch ist die Neuauflage eines schon mehr als hundert Jahre alten Buches: Erstmals war Heberers Reisebericht 1610 in lateinischer Sprache unter dem Titel Aegyptiaca Servitus erschienen. Das Buch war damals schon ein früher „Bestseller“.

Nachdem dann Daniel Defoes Robinson Crusoe 1719 das Genre der Robinsonade begründet hatte, brachte ein Kurpfälzischer Verleger Heberers Buch unter dem Titel der Chur-Pfältzische Robinson neu heraus.

Er ergänzte es um Erklärungen zu den besuchten Ländern, entfernte aber auch alle Hinweise auf protestantisch-katholische Auseinandersetzungen des 16. Jahrhunderts, die den Lesern im 18. Jahrhundert nicht mehr zeitgemäß erscheinen mussten. Dabei ist es aber nicht geblieben: Sogar im 19. und 20. Jahrhundert gab es noch weitere, ebenfalls gekürzte Auflagen.

Johann Michael Heberer wurde zwischen 1555 und 1560 in Bretten geboren. Er war ein Großneffe Philipp Melanchthons. In Wittenberg und Leipzig studierte er Philosophie und antike Sprachen. Danach bereiste er als Hauslehrer eines Adligen Frankreich. 1585 schloss er sich den Johanniterrittern auf Malta an. Als er bei einer Kaperfahrt in Gefangenschaft geriet, lernte er als Galeerensklave das Osmanische Reich kennen.

Von diesen Erlebnissen legte er später in seinem Aegyptiaca Servitus literarisches Zeugnis ab. Nach drei Jahren wurde er durch den französischen Botschafter in Konstantinopel freigekauft – eine damals nicht unübliche Praxis. 1589 kehrte er nach Heidelberg zurück. Als Beamter am Kurpfälzischen Hof reiste er 1592 in diplomatischen Missionen nach Polen und Schweden. Sein angeblicher Tod durch katholische Soldaten bei der Plünderung Heidelbergs 1622 gilt mittlerweile als widerlegt. Heberer starb erst in den folgenden Jahren.

Heberers Reisebericht konnte auf verschiedene Arten zeitgenössische Leser für sich gewinnen und kann auf ganz ähnliche wohl auch heutige Leser ansprechen. Es bot Beschreibungen zahlreicher fremder Länder und Landschaften wie Frankreich, Malta, Ägypten, Kleinasien, Polen und Schweden. Heberer berichtete aus erster Hand unter anderem vom französischen Hof und der Justiz.

Er verschaffte dem Leser Einblicke in fremde Kulturen und Religionen wie islamische Feiertage, Kleidungs­vorschriften und vom Besuch eines türkischen Hamam. Er erlebte Abenteuer als Kaperfahrer und Galeerensklave. Dabei stand er unbeschreibliche Gefahren durch, erlitt schwerste Gewalt und Hunger: An einer Stelle berichtet er, wie er türkische Soldaten um Brot bat, das „sehr schimmlich worden, und sie das schimmlichte herabschnidten ... es ware mir dazumal lieber, als jetzund Nürnberger-Pfeffer oder Lebkuchen.“

Für uns heutige Leser bietet Heberer in seinem Bericht auch Einblick in die voraufklärerische Weltsicht seiner Zeit: Biblische Wunder an den Orten seiner Reise nimmt er als Tatsachen an. Seine Leiden erträgt er, indem er sie als Prüfung Gottes ansieht.