Die Reisen des Thomas Gage

3.300 Meilen durch Amerika

Der schriftliche Bericht der Reisen von Thomas Gage in der Neuen Welt war ein Bestseller seiner Zeit. Die spanischen Kolonien waren im 17. Jahrhundert in Europa zwar bekannt, doch gab es nur wenig detailliertes Wissen darüber. Die Gebiete der spanischen Krone in Mittel- und Südamerika waren für Ausländer sehr schwer zugänglich, weshalb die bereits vorhandenen Beschreibungen in erster Linie aus Sicht der Spanier selbst erzählten. Der Augenzeugenbericht eines Engländers bedeutete somit eine außergewöhnliche Neuerung.

Mit entsprechender Begeisterung wurde das Buch von den Lesern nach seiner Veröffentlichung im Jahr 1648 angenommen. Zahlreiche Übersetzungen des englischen Originals in die französische, niederländische, deutsche und spanische Sprache in den folgenden Jahrzehnten unterstreichen den Status des Werkes.

An der Universitäts­bibliothek Mannheim liegt der Reisebericht von Thomas Gage in zwei französischen Drucken aus dem 17. Jahrhundert und einer spanischen Version aus dem 19. Jahrhundert vor. Die in dieser Ausstellung gezeigte Ausgabe wurde im Jahr 1699 in Amsterdam herausgegeben und stellt die insgesamt dritte Auflage der französischen Übersetzung von Adrien Baillet dar.

Die sehr lebendigen Beschreibungen der Gegebenheiten vor Ort und das umfangreiche Karten- und Bildmaterial machen das Werk auch heute noch zu einem spannenden Bericht über eine fremde Welt. Die Darstellungen der Landschaft und der einheimischen Bevölkerung gelten heute als vergleichsweise objektiv und zuverlässig. Eine detaillierte Darstellung der Sprache der Pokoman-Maya in der Originalausgabe des Buches verdeutlicht diesen Wert des Buches. Bei den vorhandenen Berichten über katholische Geistliche und die Spanier selbst ist allerdings Vorsicht geboten.

Das Werk von Thomas Gage ist im Kern mehr als nur ein einfacher Bericht seiner Reisen. Die Veröffentlichung des Buches fällt in die Zeit des Englischen Bürgerkrieges. Die Motivation, den Reisebericht in dieser Form zu verfassen, ist im Werdegang von Thomas Gage nach seiner Rückkehr nach Europa zu finden.

Thomas Gage wurde in den Jahren nach 1637 zunehmend politisch aktiv. Er entfernte sich in der folgenden Zeit von seinen katholischen Glaubensbrüdern und näherte sich den Puritanern und Oliver Cromwell an. Dieser Hinwendung zum reformierten Glauben entsprechend finden sich in seinem Reisebericht vor allem Darstellungen der moralischen Verkommenheit des katholischen Klerus in den Kolonien. Die Unterstützung der puritanischen Sache lässt sich darüber hinaus auch ganz konkret in der Erstausgabe seines Reiseberichts feststellen. Hier widmet Thomas Gage das Buch Sir Thomas Fairfax, einem General der parlamentarischen Armee.

Da das Werk auch nach der Wiederherstellung der Monarchie in England noch von Interesse war, ersetzte man die alte Widmung in neueren Auflagen durch ein einfaches „An den Leser“. Bei der in dieser Ausstellung gezeigten französischen Ausgabe fehlt das Vorwort von Thomas Gage komplett. Es wurde durch eine Widmung des Verlegers, Paul Marret, an den Bürgermeister von Amsterdam ersetzt. Darauf folgt eine allgemeine Einleitung des Übersetzers in die Thematik des Buches. Neben anti-katholischen Tendenzen finden sich im Reisebericht von Thomas Gage aber auch anti-spanische Abschnitte.