Datenerhebung

Je nachdem, ob Sie Daten selbst erheben – z.B. im Rahmen einer Umfrage, eines Experiments oder eines Interviews – oder ob Sie vorhandene Daten nachnutzen, sind unter­schiedliche Dinge zu beachten. Im Folgenden finden Sie einen Über­blick und weiterführende Informationen.

Daten originär selbst erheben

  • Allgemeines

    Bei der Erhebung von Daten sind grundsätzlich verschiedene Aspekte zu beachten. Generell ist eine sorgfältige Planung wichtig, um zuverlässige und aussagekräftige Daten zu erhalten. Das Forschungs­ziel und die Fragestellung müssen vor der Erhebung festgelegt und klar formuliert werden. Die Erhebungs­methoden und die Rahmenbedingungen der Erhebung müssen dokumentiert werden, um u.a. die Nachvollziehbarkeit und Reproduzierbarkeit zu gewährleisten. Darüber hinaus sind ethische und rechtliche Aspekte, speziell der Datenschutz, Consent der Teilnehmenden und die Datensicherheit, während und nach der Erhebung für den gesamten Lebens­zyklus der Daten zu beachten. Insbesondere bei Erhebungen und Experimenten ist für eine gute Datenqualität auf valide und reliable Messinstrumente und -methoden zu achten.

  • Interviews

    Interviews eignen sich besonders für Forschungs­fragen, die mit qualitativen Daten und einer kleinen Anzahl an Befragungs­personen beantwortet werden sollen. Ein Beispiel hierfür sind Experteninterviews mit Führungs­kräften, um Einblicke in Entscheidungs­prozesse und Führungs­stile zu erhalten.

    • Interviewtypen: Wähle den Interviewtyp entsprechend deinen Forschungs­zielen und der Auswertungs­methode. Interviews können strukturiert, semi-strukturiert oder unstrukturiert sein.
    • Festlegung der Interviewfragen: Formuliere klare, präzise und relevante Fragen, die dem Forschungs­ziel dienen. Teste die Fragen vorab mit Unbeteiligten Personen, um z.B. Verständlichkeit und Länge zu überprüfen.
    • Interviewleitfaden: Erstelle einen flexiblen Interviewleitfaden, der alle für die Forschungs­frage relevanten Themen abdeckt.
    • Aufzeichnung des Interviews: Lege fest, wie das Interview aufgezeichnet wird, z.B. schriftlich oder auf Video, wer für die Aufzeichnung verantwortlich ist und mit welchem Gerät das Interview aufgezeichnet wird.
    • Interviewer*innen-Training: Schulung der Interviewer*innen in Techniken, ethischen Standards und Sensibilität für Verzerrungen.
    • Aufbau von Vertrauen und Beziehung: Schaffe eine positive Atmosphäre für Vertrauensbildung und Offenheit der Teilnehmer*innen.
    • Bias und Vorurteile: Vermeide Bias und Vorurteile durch neutrale Fragestellung, um zuverlässige und aussagekräftige Daten zu gewährleisten.
  • Umfrage

    Umfragen eignen sich dazu von einer größeren Stichprobe quantitative Daten zu sammeln, um z.B. Trends, Meinungen und Verhaltensweisen in der Bevölkerung oder in bestimmten Gruppen zu analysieren.

    • Grundgesamtheitsdefinition: Definiere klar die interessierte Population auf Basis der Forschungs­frage. Wenn sich eine Forschungs­frage z.B. auf die wahlberechtigte Bevölkerung in Deutschland bezieht, dann schließt dies die nichtwahlberechtigte Bevölkerung in Deutschland aus.
    • Auswahl der Umfrageart: Wähle die geeignete Umfrageart, z.B. Online-, Papier- oder Telefonbefragung, basierend auf Grundgesamtheit, Budget und Forschungs­zielen. Eventuell wird auch ein Dienstleister mit der Umfrage beauftragt.
    • Aufbau der Umfrage: Wähle Fragetypen (z.B. Multiple Choice, Single Choice oder Offene Frage) auf Basis der Forschungs­frage aus. Zu beachten sind auch u.a. Filterführung, Fragenreihenfolge oder sensitive Fragen
    • Items und Instrumente: Formuliere klare, präzise und unvoreingenommene Fragen, Fragebatterien und Antworten. Nutze Standardinstrumente sofern möglich, d.h. publizierte Fragebögen, Tests, Items, Skalen usw.
    • Pretest: Führe einen Pretest mit Unbeteiligten durch, um mögliche Probleme zu identifizieren und anzupassen.
    • Stichprobenziehung: Wähle eine geeignete Stichprobenziehungs­methode (z.B. Zufallsstichprobe, Stratifikation). Eine repräsentative Stichprobe aus der Population ist entscheidend für die Generalisierbarkeit der Ergebnisse.
    • Datenqualität: Aspekte der Datenqualität sollten nicht vernachlässigt werden. Dazu gehört u.a. die Über­wachung der Rücklaufquote und die Analyse von Gründen für Nichtantworten (um mögliche Verzerrungen zu erkennen), Über­prüfung der Objektivität, Validität und Reliabilität der Messinstrumente und die Implementierung von Über­prüfungs­mechanismen, um inkorrekte oder unplausible Antworten zu identifizieren und möglichweise zu korrigieren.
  • Experiment

    Experimente eignen sich für die Unter­suchung von Kausalbeziehungen, um beispielsweise den Einfluss eines bestimmten Treatments auf Entscheidungen oder Verhalten von Versuchspersonen zu verstehen. Für ein Experiment sind mindestens zwei Messzeitpunkte (Vorher-Nachher-Messung), sowie zwei Gruppen, eine Experimental­gruppe und eine Kontroll­gruppe notwendig.

    • Experimentelles Design: Wähle ein geeignetes experimentelles Design wie Randomized Controlled Trial (RCT), Quasi-Experiment, Feldexperiment oder Surveyexperiment, das der Forschungs­frage angemessen ist.
    • Unabhängige und abhängige Variablen: Definiere klar die unabhängigen und abhängigen Variablen.
    • Pretest: Führe einen Pretest mit Unbeteiligten durch, um mögliche Probleme zu identifizieren und anzupassen.
    • Kontroll­gruppen und Randomisierung: Setze Kontroll­gruppen ein, um den Einfluss von Störvariablen zu kontrollieren und den Einfluss der Intervention evaluieren zu können. Randomisiere, wenn möglich, um sicherzustellen, dass Teilnehmende zufällig den verschiedenen Bedingungen zugeordnet werden.
    • Standardisierung: Standardisiere die Experimentdurchführung, um mögliche Einflüsse zu minimieren. Der Ablauf des Experiments soll z.B. immer so gleich wie möglich ablaufen.
    • Zeitpunkt der Datenerhebung: Wähle einen geeigneten Zeitpunkt für die Datenerhebung unter Berücksichtigung zeitlicher Schwankungen.
    • Randomisierte Reihenfolge: Randomisiere, wenn möglich, die Reihenfolge der Bedingungen, um Reihenfolgeneffekte zu minimieren.
    • Doppelblinde Kontrolle: Falls möglich, führe eine doppelblinde Kontrolle durch. Dies minimiert mögliche Vorurteile.
    • Validität: Bedenke bei einem Experiment auch die interne und externe Validität.
    • Datenanalyseplan: Entwickle im Voraus einen klaren Datenanalyseplan, der die statistischen Methoden beschreibt, die zur Unter­suchung der Hypothesen verwendet werden.
  • Software und Ressourcen an der Universität Mannheim für Erhebungen

  • Weiterführende Literatur

    Atteslander, P., Ulrich, G.-S., & Hadjar, A. (2023). Methoden der empirischen Sozialforschung (14., neu bearbeitete und erweiterte Auflage). Erich Schmidt Verlag.

    Baur, N., & Blasius, J. (Hrsg.). (2022). Handbuch Methoden der empirischen Sozialforschung. Springer Fach­medien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-37985-8

    Brosius, H.-B., Haas, A., & Unkel, J. (2022). Methoden der empirischen Kommunikations­forschung: Eine Einführung. Springer Fach­medien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-34195-4

    Danner-Schröder, A., & Müller-Seitz, G. (2023). Qualitative Methoden in der Organisations- und Management­forschung: Ein anwendungs­orientierter Leitfaden für Datensammlung und -analyse (2. Auflage). Verlag Franz Vahlen.

    Diekmann, A. (2021). Empirische Sozialforschung: Grundlagen, Methoden, Anwendungen (14. Auflage). rowohlts en­zyklopädie im Rowohlt Taschenbuch Verlag.

    Döring, N. (2023). Forschungs­methoden und Evaluation in den Sozial- und Human­wissenschaften. Springer Berlin Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-64762-2

    Jacob, R., Heinz, A., & Décieux, J. P. (2019). Umfrage: Einführung in die Methoden der Umfrageforschung. De Gruyter. https://doi.org/10.1515/9783110597387

    Keuschnigg, M., & Wolbring, T. (2015). Experimente in den Sozial­wissenschaften. Nomos.

    Klandt, H., & Heidenreich, S. (2017). Empirische Forschungs­methoden in der Betriebs­wirtschafts­lehre: Von der Forschungs­frage zum Unter­suchungs­design, eine Einführung. De Gruyter. https://doi.org/10.1515/9783486709728

    Kuß, A., Wildner, R., & Kreis, H. (2014). Markt­forschung: Grundlagen der Datenerhebung und Datenanalyse. Springer Fach­medien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-01864-1

    Möhring, W., & Schlütz, D. (Hrsg.). (2013). Handbuch standardisierte Erhebungs­verfahren in der Kommunikations­wissenschaft. Springer Fach­medien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-18776-1

    Schnell, R., Hill, P. B., & Esser, E. (2018). Methoden der empirischen Sozialforschung (11., überarbeitete Auflage). De Gruyter Oldenbourg.

Daten nachnutzen

  • Daten finden

    Lizenzpflichtige Daten und Datenbanken, zu denen die Universität Mannheim Zugang hat, sind überwiegend in Datenbank-Info­system erfasst. Für Firmen- und Finanz­datenbanken der Universität Mannheim bieten wir eine extra Zusammenstellung an.

    Forschungs­daten anderer Forschenden werden überwiegend auf institutionellen, fach­lichen oder verlags­spezifischen Publikations­servern veröffentlicht. Häufig können diese Daten kostenfrei genutzt werden und stehen unter einer offenen Lizenz zur Verfügung. Einen Über­blick über die Landschaft der Forschungs­datenrepositiorien bietet das Repository of Research Data Repositories (re3data).

    In fach­liche Repositorien und Aggregatordiensten finden Sie Daten zu dem entsprechenden Fach­gebiet – unabhängig von der institutionellen Anbindung. Fach­liche Repositorien sind zum Beispiel:

    • Leibniz-Institut für Sozial­wissenschaften (GESIS): GESIS Datensuche für Sozial- und Wirtschafts­wissenschaften
    • Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF): Forschungs­daten Bildung für Pädagogik
    • Leibniz-Zentrum für Psychologische Information und Dokumentation (ZPID): Forschungs­datenzentrum (FDZ) am ZPID für Psychologie
    • Inter-university Consortium for Political and Social Research (IPCSR): Data search für Sozial­wissenschaften
  • Daten aus gedruckten oder digitalisierten Dokumenten (OCR)

    Mit Hilfe der automatischen Texterkennung (OCR) werden Texte aus digitalen Bildern automatisiert erfasst und so durchsuch- und auswertbare Daten erzeugt. Die Universitäts­bibliothek Mannheim verfügt über langjährige Erfahrung in der Digitalisierung und im Einsatz verschiedener Texterkennungs­software. Das Forschungs­datenzentrum unter­stützt die Forschenden der Universität Mannheim gerne im gesamten Workflow von der Digitalisierung über die Layout- und Texterkennung sowie das Nachtrainieren von Modellen bis hin zur Strukturierung der Daten. Weitere Informationen finden Sie auf der FDZ-Services-Seite zur automatisierten Texterkennung.

  • Daten aus dem Web

    Bei der Nutzung von Daten aus dem Web werden meist mittels Programmierschnittstelle (API) oder Scraping erhoben. Betroffene Rechts­gebiete sind hierbei häufig Urheberrechte und verwandte Rechts­gebiete sowie der Datenschutz.

  • Daten von anderen Anbietern – Datennutzungs­verträge

    Sie möchten Forschungs­daten anderer Anbieter nutzen? Wir unter­stützen Sie bei der Verhandlung und beim Abschluss von Datennutzungs­verträgen.

    Nehmen Sie Kontakt zu uns auf oder informieren Sie sich über den Ablauf des Prozesses.